Im Idealfall: Liebe und Freiheit

Es war einmal…

Romantische Geschichten beginnen doch so. Und wer weiß, wie die enden. Keiner! Wenns ernst wird, sind die Filme immer aus.

Und ja. Märchen beginnen so. Und auf eins ist in der Welt noch Verlass: Es geht gut aus. Und wie ist das im echten Leben? Zu schön, um wahr zu sein?

Happy End vorprogrammiert. Im Ideal-Fall jedenfalls…

Beim Fallen bin ich schon beim Thema.

Wer nicht fliegt, kann nicht fallen. Und wenn man nicht bereit ist zu fallen, kann man auch keine Höhenflüge erleben.

Isn‘t it romantic?

„In einer idealen Welt…“ hat mein Lieblings-Ex-Chef gerne gesagt. Aber die gibt es nicht! Oder doch?

Naja, unsere Geschichte ist der „Idealfall“, jedenfalls für mich persönlich: wie ein Flug zum Glück, kein Fluch 😅☝️. Und wie unsere Geschichte beginnt, erzähl ich euch jetzt. Keine Angst, ich lass das Schmalzige (weitestgehend) weg. Picknicken, Ausflüge, Flirtsprüche über Funk, Blumen, Ringe, Komplimente… 🤭😅 Sonst krieg ich noch Ärger mit Herrn Reif. (Der kann schon, wenn er will. 😍)

Der Start in ein neues Leben

Bereit für was Neues, hab ich mich mit meinem Papa zu einem Gleitschirmfliegen-Schnupperkurs angemeldet.

Und da war er, der Herr Reif, engagiert im regionalen Gleitschirmverein, mit dabei beim Schnupperkurs. Das kommende Bild verrät doch schon alles, oder? Es hat gefunkt … Ich möchte jetzt ein Herzchen um seinen Kopf malen. Ok, ganz ohne Kitsch schaff ich’s nicht… 🤭💕

Gleitschirmfliegen Schnupperkurs
Zwei der drei wichtigsten Männer in meinem Leben: Mein Mittlerweile-Ehemann Herr Reif und mein Papa – meinen Henri gab’s 2011 noch nicht…

Was für ein Glück, wenn du jemanden findest, der so ganz genau in dein Herz passt.

Freiheit fängt im Kopf an

Eine Hommage an das Fliegen und das Freisein wie ein Vogel: Mein erster Flug

Was für ein Gefühl

Unabhängig sein. Nur für mich verantwortlich. Stark. Selbst die Kontrolle übernehmen. Nicht immer an Regeln halten. Meine Grenzen kennenlernen. Keine Angst! Fliegen fängt im Kopf an. Ich kann das! Du musst dich lösen und frei machen und hast trotzdem alles im Griff.

Start! „Lauf, lauf, lauf, lauf…“ – Abgehoben! Ich habs erlebt. Und gelernt. Das Fliegen und Aufdrehen. Den Aufwind. Die Thermik.

„Wenn du einmal das Fliegen empfunden hast, wirst du für immer auf der Erde wandeln, mit den Augen himmelwärts gerichtet, denn dort bist du gewesen und dort wird es dich immer wieder hinziehen.“ Leonardo da Vinci

Ein Gefühl, das ich nie vergessen werde, obwohl mein letzter Flug schon so lange her ist. Der war 2014 schon mit Henri im Bauch in Hammelburg.

Ein Gefühl, das ich seitdem in mir trage. Das mich beflügelt  und verändert hat…

„People always ask me when I’m going to come down from the clouds. My answer is never. I love this view.“

3, 2, 1 – Risiko

„Ich habe das noch nie versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“ – Pippi Langstrumpf

„Hey Lisa! Wo fliegst’n du hin?“, hat beim Höhenflugkurs ein Fluglehrer zu mir gesagt.

Ich wollte sehen, wo die Profis fliegen – hinterher! – herausfinden, wie der Thermikeinstieg und das Aufdrehen in der Praxis funktioniert. Ich hab mich selbst überrascht, wollte die Regeln prüfen. Meine Grenzen kennenlernen und mein Können mutig unter Beweis stellen. Angst hatte ich nicht. Traute mir plötzlich so viel zu – zu viel?

Fall in Love

Diese Überschrift könnte auch „Absturz“ heißen. Oder Hang-Loose. Ja, das trifft es auch ganz gut. Ideal-Fall ist hier wörtlich gemeint … 🙃

Meine Ausbildung zum A-Schein war rekordverdächtig schnell durchgezogen. Da sollte ich wohl etwas mehr Zeit zum Durchhängen in der Praxis bekommen… 😏✌🏼😆

Vorsicht! Bitte immer achtsam mit der Wahl der Gedanken umgehen.

Ich hab mich während der Grundausbildung gefragt, wie man wohl aus einem 30m hohen Baum gerettet wird. Das hätte ich mal lieber nicht gemacht.

Eine Lektion für’s Leben sollte folgen.

„Ein Vogel hat niemals Angst davor, dass der Ast unter ihm brechen könnte. Nicht weil er dem Ast vertraut, sondern seinen eigenen Flügeln.“

Eines schönen Radspitztages begab es sich an unserem Hausberg, dass ich mich – vermutlich aus unkontrollierbarer Unerfahrenheit und zu zögerlicher Reaktion auf die veränderten Windverhältnisse direkt nach dem Start oder warum auch immer?! – um einen Baum der Schneise habe wickeln lassen.

Außer Kontrolle

Menschliches Versagen. Was sonst, hatte mich ja bewusst gegen unterstützende Technik entschieden – war also auf mich alleine gestellt. Das wollte ich auch so haben. Unabhängig sein.

Christian hat sich runterwärts fast überschlagen. Er hatte meinen Sturzflug ja beobachtet und eilte in meine Richtung. Wenn er gekonnt hätte, wäre er vermutlich abgehoben, mein Held… 💪🏻😉

Jedenfalls war ich jetzt zur Marionette der Naturgewalten geworden und hatte nichts mehr im Griff. Hing genau genommen an den seidenen Fäden meines Schirmes kopfüber nach unten und wackelte zwischen zwei Bäumen.

Wenn man genau hinsieht, entdeckt man im Baum in der Mitte links meinen Retter, der gerade hochklettert, um nachträglich auch noch meinen blauen Schirm zu bergen.

Aus dieser aussichtsreichen Ausgangslage in der Fichtenspitze konnte ich mich glücklicherweise in eine komfortablere Position befreien. Zumindest in soweit, dass mein Überleben gesichert war, ich bombenfest und wieder aufrecht an einen 30m Baum meines Vertrauens geklammert, in meinem Gurtzeug im Wind wehte. Man glaubt ja nicht, wie sehr sich so ein Baum bewegt, wenn man ganz oben drin hängt…

Weil es so ein schöner Sonntagnachmittag war, kamen auch schnell viele Hilfskräfte und Menschen, die helfen wollten oder besorgt waren. Wie meine Mutter, die „so ein Gefühl hatte“, alles stehen und liegen ließ zu Hause, und zur Radspitze eilte. Das war wohl der 7. Mama-Sinn…

Jedenfalls waren auch Amphibienfahrzeuge vor Ort und immer mehr Menschen wimmelten umher, was ich so beobachten konnte. Ich glaube, sie wussten tatsächlich zunächst nicht so ganz genau, was jetzt am Besten zu tun war.

Und ich? Konnte nichts machen. Verharrte regungslos und alles ging wie in Zeitlupe an mir vorbei. Ich konnte den Verlauf nicht beeinflussen oder beschleunigen – nichts mehr im Griff! Gar nicht mein Ding…

Gott sei Dank!

Siehste, meine Frage war berechtigt. Zum Glück wurde ich bei der Antwort verschont, hab das nämlich seitdem auch schon anders miterlebt. Man soll es nicht glauben, aber es kommt auch vor, dass Schirme inklusive gefühlt tausender Leinen bei einer Baumlandung durchrutschen – mit zum Teil schweren Verletzungen und gesundheitlichen Folgen für die Piloten.

Der „Zapfenpflücker“ von der Bergwacht war leider nicht zu erreichen. Ich glaube in Kulmbach war ein Fest. Und unter mir sah das wilde Treiben mittlerweile auch schon fast so aus. Nach ner halben Stunde rief ich mal nach unten, beachtet wurde ich nämlich kaum…

Ich musste ja tatsächlich fast schon Schmunzeln und kann mich noch daran erinnern, dass ich mir dachte:

„Fehlt nur noch der Hubschrauber…!“

Oh nein. Wieder nichts gelernt! Vorsicht mit den Gedanken… Zu spät. Plötzlich kam mehr Bewegung auf. Tatsächlich umkreiste mich jetzt ein Hubschrauber. Wussten die, dass der Baum so stabil war und ich so sicher? Ich wackelte schon verdächtig. Vielleicht wollten sie mich etwas durchschütteln? Mehr Sinn erkannte ich nicht.

Da kam nämlich keiner raus, wie im Film, der sich zu mir abseilte, um mich zu retten?! Hm, naja, irgendwann war er dann wieder weg.

Glücklicherweise hat man dann doch noch jenen Retter erreicht, der über entsprechende Ausrüstung, Technik und Kompetenz verfügte, die für meine Rettung wirklich sinnvoll und notwendig war.

Ich war ihm so dankbar für seine ruhige, unaufgeregte und souveräne Art, als er oben bei mir war und mich abseilte.

Nach drei Stunden war ich froh, endlich wacklig wieder am Boden zu stehen. Nachdem ich in den Rettungswagen getragen wurde und mit nichts als nem geschwollenen Hüftknochen wieder rauskam, luden wir zur Feier des Tages die Rettungskräfte und Helfer zum Dank in die Radspitzeinkehr ein.

Das war herrlich. Ich hab das als schönen Tag abgespeichert, kann ja wohl auch froh sein, dass es so glimpflich für mich ausging und ich eine Antwort bekommen hab…

Und die Moral von der Geschicht‘?

Ich hab gelernt, wie wichtig es ist, (im richtigen Moment) loszulassen, und musste damit umgehen, die Kontrolle zu verlieren. Dass ich nicht immer alles selbst in der Hand haben kann. Ich vertraue mehr, mehr auch auf meine Schutzengel und bin dankbarer geworden.

Hab auch mich mehr akzeptieren gelernt. Wie im Film „Isn’t it romantic?“ hat das Ereignis ein Stück weit zu mehr Selbstakzeptanz und -liebe beigetragen bzw. diese in die Wege geleitet. Und die ist nicht Voraussetzung, aber schon sinnvoll, wenn man frei und selbstbestimmt leben möchte. Weil man nur so auch  damit umgehen und sich vorstellen  kann, geliebt zu werden und den anderen wiederum so zu nehmen, wie Gott ihn gemeint hat…

Selbstzweifel, ein ungesundes Selbstbild,  unbegründete Eifersucht haben eher destruktive Wirkung: Wie soll man wahre Liebe empfinden, erwarten geliebt zu werden – so wie man ist – wenn man sich selbst nicht leiden kann?

Und der Höhenflug in der Liebe geht weiter. Weiter. Immer weiter. 😉 Wir sind die Glückspiloten und wissen, wo wir hin wollen.

Und unser gemeinsames Glück geht weiter. Gemeinsam alt werden und glücklich. Mit unserer Familie.

Aus gemeinsamen Flügen und Flugreisen ist eine Liebe entstanden, die stärker ist, als alles was ich mir hätte vorstellen können.

Wir träumen zusammen und entdecken die Welt und uns wie Abenteurer. Wie im Disney Film „Oben“. Es gibt nichts Schöneres, braucht aber auch Geduld und die Zuversicht, dass noch viele Momente gesammelt werden wollen. Die Momentensammlung macht unser Leben aus – nicht die Summe an materiellen Besitztümern und Statussymbolen.

Gehen wir mit dem was wir haben pfleglich und dankbar um: unsere (seelische) Gesundheit und unser Leben. Wer weiß, wie viele Tage wir noch (gemeinsam) genießen können.

Ich möchte Spuren hinterlassen. Glücksspuren. Mir hilft dabei, nie erwachsen zu werden.

Entscheiden wir uns Kinder im Herzen zu bleiben, werden wir immer jung füreinander sein und den aufregenden Zauber des Lebens in jedem Moment wahrnehmen und genießen. Und für die nächste Generation vorleben…

Ich wünsche dir jeden Tag Aufwind im Herzen, sei es ein besonderer Moment für dich oder sei du es für jemand Besonderen!

Lasst uns den Menschen und unserem Miteinander wieder mehr Wert geben und uns besinnen, was wirklich wichtig ist im Leben.

Das Leben selbst.

Und die Liebe. Ich glaube, um gemeinsam glücklich zu bleiben, sollten wir unseren Partner jeden Tag wie einen guten Freund behandeln oder so als ob wir noch nicht zusammen wären…

Wie ein Paar, das bei einem Tandemflug „zusammengeschnallt“ wird, abhebt und durchstartet … 😉

So und jetzt, lass alles los, was dich nicht glücklich macht (hoffentlich nicht den Tandemflugpartner) und heb ab, ob mit Gleitschirm oder ohne. Hauptsache, du lässt alles zurück, was dich runterzieht!

Dann ist auch dein Happy End vorprogrammiert!

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann sind sie jetzt noch glücklich – zusammen und jeder für sich.

Herzlichen Dank für’s Lesen.

Ich freue mich wie immer sehr über Kommentare und Reaktionen auf meine Geschichte vom Abheben und „Im-Leben-Landen“.

P.S.:

Deutschland schafft es übrigens auf Platz 19 im Weltglücksreport! Spitzenreiter Finnland. Schlusslicht Afghanistan.

2 Kommentare

  1. Zipfel sagt:

    Sehr schön. Meine Tochter 😘❤️

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  2. Pingback: Oje, ich reife…

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