In dieser Geschichte geht es um Familie Reif, Urlaubsreif.
Der Name ist Programm
Reif für die Insel. Reif wie der Reifen, sagt mein Mann. Früher hatte ich Heimweh. Jetzt ist Fernweh bei uns Dauerzustand. Nicht dass es uns zu Hause nicht gefällt. Ich möchte Reisen, um meinen Horizont zu erweitern. Um meinen Kindern die Welt zu zeigen. Dass Toleranz selbstverständlich wird.
„Ich liebe Malik (unser Freund aus Mali, ein Flüchtling), weil der mich immer soo hoch hebt.“, sagt Henri heute spontan im Auto. „Das finde ich so lustig.“ Ziemlich beeindruckend der junge Mann.
Deutschland ist gut. Wir sind sicher und geborgen und könnten uns gerade deshalb erstrecht eine Scheibe Lebensfreude zum Beispiel von Malik abschneiden.
Wir wissen gar nicht, wie gut wir es haben, denke ich manchmal.
Welches Ziel?
Findet mal ein Urlaubsziel in dieser großen Welt voller Reize, Abenteuer, Inspiration, Wanderlust, Meeresrauschen…
Grenzenlos. Unbegrenzte Möglichkeiten.
Wie leicht oder schwer fällt euch die Entscheidung, wo es hingeht? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar.

Fernweh
Wohin geht man, wenn man die Lavendelfelder sehen und riechen möchte, den Gipfel eines Berges erklimmen möchte, die heißen Quellen entdecken möchte, an der Düne Gleitschirm fliegen möchte (Frankreich, Holland, Kanaren?), Polarlichter sehen will, New York an Weihnachten, Museen der Welt betreten, Strand zwischen den Zehen spüren, Salz in den Haaren fühlen, Grenzen übertreten; Höhenflüge, Kreuzfahrten, Städte erleben will – verlockende Auszeit vom Alltag, aber bitte familientauglich und bezahlbar.
Das Abenteuer ruft. Es ist nicht gefährlich. Routine schon.
Ausbrechen aus dem Alltag kann man auch beim Zelten im Garten. Der Blick in den Sternenhimmel ist unbezahlbar.
Welches Budget hab ich? Ohne Lottogewinn. (Wer nicht spielt, kann nicht gewinnen) Ich frag mich ja immer, wie man auf Weltreise gehen kann, als Familie. Wir träumen ja von einer Europatour in einem Wohnmobil – irgendwann. Wo ist der Lottoschein??
Ein großes Budget bedeutet nicht automatisch, dass der Urlaub dann besser wird.
Mein schönster Urlaub ohne Kind war im Zelt auf einem Campingplatz an einem türkisblauen Fluss mit Hängebrücke in Slowenien – Camp Lazar.
Welches Risiko bin ich bereit einzugehen? Will ich Sprachbarrieren, Ängste, Grenzen nicht nur kennenlernen, sondern auch überwinden?
Der beste Urlaub mit einem Kind war auf einem schnuckeligen Bauernhof für ich glaub 12€ die Nacht plus Frühstück. Das hat sich ziemlich exklusiv angefühlt – nur wir drei – und geschmeckt: mit der so ziemlich besten frischen Bergbauernmilch der Welt und der besten kleinen Familie, die ich mir bis dorthin wünschen konnte.
Der beste Familienurlaub ohne eigene Kinder war der zum Gleitschirmfliegen an den Achensee. Fast noch bessere Milch! Das Entners am See empfehle ich gerne. Der Infinity Pool ist der Wahnsinn. Als ob ich drin gewesen wäre, aber schaut euch die Bilder an.
Last Minute ist auch nicht das, was es verspricht. Das Sparschwein heuer hingegen schon.
Wir vertrauen mangels verlockender Angebote und machbarer Alternativen seitens der Reiseanbieter unseres Vertrauens und des Entdeckergeistes auf eigene Faust bei dieser Reisezielentscheidung nach langem Hin und Her lieber den Erfahrungen guter Freunde: Die richtige Entscheidung.
Von ihrem schönsten Urlaub berichten sie: ungezwungen, frei. So soll es sein.
Wie beim Treffen mit den Lieblingsmenschen sollte sich der richtige Ort wie ein Stück zu Hause, wie „Ankommen“ anfühlen – und schon vorher eine gewisse Anziehungskraft davon ausgehen…
Low-Budget im Luxus-Camp
Alles inklusive Armband
Urlaubsmodus fängt im Kopf an
Bei der Vorbereitung der Reise hilft neben der Packung Taschentücher eine Packliste, die mit Erkältung schnell geschrieben ist. Wie ne MindMap in Themenbereiche gegliedert, hilft sie mir nicht den Überblick zu verlieren.
Ein Mobile Home auf einem „Luxus-Campingplatz“ soll es sein. Das macht mich neugierig.
Ich packe meinen Koffer und nehme mich mit. Ich kann mich nicht vergessen, aber wiederfinden. Und das ist egal wo. Da hilft auch keine Flucht oder der Jakobsweg. Kann auch Italien sein. Hab mich immer dabei. Hinter nem Zaun oder auf dem Boden der Tatsachen und der ist überall. Selten liegt da Glitzer. Eher so Sand, mit Glück Muscheln, mit Pech Scherben und Staub. Hoffentlich kein Häufchen Elend. Manchmal ist da auch der Wink mit dem Zaunpfahl – neben Schaufel und Besen.
Kommt die Selbsterkenntnis unterwegs? Dort? Wo? Wie lange dauerts noch??
Sie haben das Ziel erreicht.
Ist es nicht immer auch die Reise zu sich selbst? Von Tag zu Tag. Eine Reise, die ein Leben lang dauert. Die Suche nach dem Sinn.
Vergleich eine Reise mal mit nem Buch, tauch ein in die Geschichte und du bist in einer anderen Welt. Ohne dich echten Qualen auszusetzen.
Spielt es dabei eine Rolle wo du bist? Die Welt ist in dir.
Widmen wir uns wieder einem echten Abenteuer. Weil lebend kommt hier keiner raus. Aber mit Happy End, jedenfalls meiner Vorstellung nach. Nennen wir sie Paradies.
„Wenn man seine Ruhe nicht in sich findet, ist es zwecklos, sie andernorts zu suchen.“ – François de la Rochefoucauld
Selbstfindungstrips sind ja im Trend. Muss man da für schweres Gepäck Aufschlag bezahlen?
Brauche ich dazu andere Hürden als im Alltag: schnarchende Bettnachbarn in Stockbetten, ungebetene Gäste wie Bettwanzen, Blasen an den Füßen und Stolpersteine auf einem Weg nach Santiago de Compostella oder Mekka? Kann man schon machen, muss man aber nicht. Auch eine Ayurveda-Kur finde ich eher zum Kotzen. Wenn es sich richtig anfühlt aber: warum nicht. Und wenn man danach sagt, war ne blöde Idee, dann hat man auch was gelernt.
Auf dem Holzweg. Aber bitte achtsam.
Wenn der voller Kieselsteine ist, hinterlässt er barfuß sicher auch eine gute Spur Selbsterkenntnis.
Der Schlüssel steckt von innen. Aufmachen muss man selbst und offenen Herzens gehen, sonst helfen auch fünf Sterne mit Meerblick nicht über den Stress hinweg.
Der Weg ist das Ziel…
Die Vorstellung vom perfekten Urlaub fängt schon auf dem Weg dorthin an und hängt entscheidend davon ab, mit wem man reist und was man dort erwartet. Nicht alles und jeden muss man mitnehmen. Den Stress darf man abschalten, am besten auch das Handy und Arbeits-E-Mails zu Hause lassen.
Ich habs auch schon geschafft, auf dem Weg zum Flieger-Urlaub nach Andalusien meinen Gleitschirm im Handgepäckskoffer nach der Sicherheitskontrolle im Flughafen München stehen zu lassen. Im Flieger kamen die Tränen, weil ihn auch von den anderen keiner hatte. Geflogen bin ich dann trotzdem dort. Es gibt immer eine Lösung (Hilfsbereitschaft) ohne Weg zurück. Waren zu spät dran….
Und was hat es zu bedeuten, wenn man nach wenigen Kilometern mitten in der Nacht mitten auf der Bundesstraße auf dem Weg in den Urlaub nen platten Reifen hat? Der Name ist Programm. Sag ich doch. Ja, Reif wie der Reifen, Herr Reif. Hat ers einmal zu oft gesagt?? Verschreien darf mans doch nicht.
So, das mit der Anfahrt in der Nacht mit schlafenden Kindern wird nichts. Es wird hell und wir sind gerade an Nürnberg vorbei. Doch das ist egal. Müssen keinen Flieger erwischen.
Sehr hilfsbereite Menschen erkundigen sich freundlicherweise, ob sie etwas für uns tun können und was passiert ist.
Wir sind aufgeregt.
Gott sei Dank kann mein Papa rausgeklingelt werden und zum Reifenwechseln mit zwei Winterreifen kommen. Bei vier Grad und seiner Erkältung alles andere als selbstverständlich und unsere Rettung in der Not.
Wenn einer eine Reise tut…
Ich erinnere mich, als Henri (1,5 Jahre) und ich eine Panne mitten auf der Autobahn hatten. Ohne Handy, aber auch mit vielen hilfsbereiten Menschen. Und Schutzengeln! Einer hat sich selbst in Gefahr gebracht, auf dem Standstreifen angehalten und uns zur nächsten Raststätte mitgenommen. Dort durften wir dann telefonieren. Und Henris Erzieherin aus der Krippe schickte der Himmel mit ihrem VW Bus in dem Henri in vertrauten Händen etwas zur Ruhe kommen konnte. Währenddessen konnte ich mit den gelben Engeln zurück zum Pannenfahrzeug. Gott sei Dank musste ich Henri nicht mitnehmen. Aber das ist eine andere Geschichte…
Dann ist da auch noch die A9 gesperrt. Sollte noch etwas innerhalb von Deutschland sein, dann drehen wir um, legen wir abergläubisch fest. Doch dann geht alles gut. Und wir wissen noch mehr wertzuschätzen. Italien wir kommen.
Erwartungen: völlig überbewertet
Im Gegenteil: wir werden erwartet. Meine Paten sind für ein paar Tage andernorts am Gardasee und besuchen uns auf dem Campingplatz. Die Freude ist groß. Vor allem als wir unseren Stellplatz direkt am Gardaseeufer hinter der Uferpromenade entdecken. Nicht das Meer und doch: das sind herrliche Aussichten.
Wir genießen die Ankunft am Nachmittag, gehen im Wasser spazieren (soo warm!), packen den Grill und die Kühltasche aus. Mein Patenonkel verschwindet und kommt mit frischem Baguette, italienischen Köstlichkeiten, Meersalz und Salzbutter und Sekt wieder. Wir stoßen an und ich bin gerührt. Der Abend wird wunderbar und wir spüren: alles richtig gemacht.
Ob Plastikstühle oder Tischdecke. Es hätte nicht schöner und unkomplizierter sein können. Candle-Light-Dinner mit der Familie am See bei Sonnenuntergang.

Ab und zu muss man mal raus. Die Arbeit, Haus und Hof, das deutsche Spießerleben, wartet alles auch noch geduldig auf uns, bis wir wieder zu Hause sind.
Man muss nur auch gehen, nicht nur träumen oder zu lange überlegen, wohin…
(:(
Du entscheidest
Ich staune über die Natur, Begegnungen, über eine andere Mentalität. Ich atme die frische Luft. Mein Kopf wird frei und ich lass die neuen Eindrücke auf mich wirken.
Locker bleiben, mein Motto dieser Tage.
Erstaunlich auch, wie schnell sich unser 4-Jähriger zurechtfindet. Eine Nummer reifer lernt er aufgeschlossen neue Menschen kennen, spielt auch ohne Italienischkenntnisse mit anderen Kindern auf einem Pirate scbiff am Ufer und hat Spaß. Während wir uns den Bauch vollschlagen oder ein Glas Wein genießen.
Seit Italien zählt Glücksmomente sammeln zu meinen täglichen Ritualen. Es gibt kein Ranking – kein „was war am besten“. Allein das bewusste Wahrnehmen und Wertschätzen der vielen kostbaren Schätze am Tag hat mich zufriedener, dankbarer und reicher gemacht und ist eine schöne Übung geworden – auch als Gesprächsthema beim Abendessen oder Zubettgehen. Nichts ist selbstverständlich.
Einer dieser besonderen Glücksmomente war für mich der ruhige Spaziergang am Morgen. Nach einer unruhigen Nacht mit unserem Baby-Mädchen will ich nicht alle wecken, überwinde mich auch ohne Kaffee mit ihr im Kinderwagen zum Spaziergang und hab diesen jetzt als friedlichste Erinnerung mit nach Hause genommen.
Gelegenheiten zum Lesen, ganz in Ruhe, nehm ich mir Zuhause auch wieder. Das ist meine Welt.
Und dann schreib ich meine eigenen Geschichten.
Die frische Luft aus Bella Italia und die Sommerverlängerung ist noch da, im Kopf, im Gefühl. Die Inspiration, nach der ich mich so gesehnt habe. Die Lebenslust, das Charisma der Italiener, die Kinderfreundlichkeit, die Herzlichkeit.
Ich liebe italienisches Essen, ich liebe die Sprache und ich liebe die Häuser, Gärten und Zäune im italienischen Stil.
„Es ist nicht wichtig, wie groß das Haus ist. Es ist wichtig, wie groß die Herzlichkeit im Zuhause ist.“
Statt Vorurteile habe ich auch gute Vorsätze mitgebracht. Sprachen lernen. Offen und tolerant leben. Genießen. Spaß haben. Dankbar sein.
Und wenn einer eine Reise tut, dann hat er was zu erzählen… Von Genussmomenten, toller Mode, hübschen Häusern und Gassen, dem leckersten Eis der Welt, Pizza, Spaghetti und noch so viel mehr.
Vor Ort wird jeder Tag kontrollierter, wir wissen, nee ich weiß, wo was ist und was wir brauchen. Und das ist nicht viel.
Doch was bringt alle(s in) Ordnung, wenn ich verpeilter Chaot eingepackt hab, was ich zu einem Ausflug auf den Monte Baldo brauche und noch mehr, dann aber doch die wichtige Sonnenbrille im Auto in der Tiefgarage liegen bleibt und die Laune im Keller?
Bei allem deutschen Perfektionismus darf eins nicht auf der Strecke bleiben: die Fröhlichkeit. Die kommt in Zukunft als Erstes ins Gepäck.
Ich werd versuchen mir nicht mehr durch schlechte Stimmung einen Tag zu versauen. Zu verkrampft versuch ich alles richtig zu machen und mach damit alles falsch.
„Die einzigen wirklichen Feinde eines Menschen sind die eigenen, negativen Gedanken.“ – Albert Einstein
Ohne Humor als geheime Zutat, viel Liebe und etwas Schärfe im Leben kannst du alles vergessen, man könnte auch sagen: ist alles zum Kotzen.
Im wahrsten Sinne:
Dieses mal habe ich auch nicht geweint auf dem Heimweg. Nur auf dem Heimweg vom Berg. Weil ich mich so über mich geärgert hab. Das war dann aber auch irgendwie heilend.
Meine Reife Leistung steckt auf dem Heimweg im Koffer: festzustellen und zu akzeptieren, dass ich perfekt unperfekt bin. Manchmal bin ich nah dran, dass alles passt, aber irgendwas passt halt dann doch nicht. Statzt was? Ein Fleck, Loch, Denkfehler.
Ich nehme ein Augenzwinkern, gnädiges Lächeln und amüsiertes So-bin-ich-halt-was-soll-ich-machen-Schulterzucken mit heim.
Einmal hat mir so eine typisch verpeilte Lisa-Ausfall-Improvisations-Situation in einem, wohlgemerkt, Kunst-Referat über Ornamente sogar zwecks Unterhaltungsfaktor eine Eins gebracht. Kann so schlimm nicht gewesen sein. Hätt ich mal öfters auf mich vertrauen sollen, hm?
Geheimnis: Das Beste geben. Fertig.
Sonst heul ich jedenfalls immer, weil der Urlaub so schön war und ich bleiben wollte. Ich Traumtänzer stelle mir dann immer ein freieres Leben vor.
Davon brauch ich jetzt nicht mehr zu träumen. Ich machs einfach. Und warum? Weil ichs kann.
Nicht nur zu Hause mach ich mir die Welt, wie sie mir gefällt. Freundlich und mutig, wie Aschenputtel. Mit Rücksicht. Und (Vor)freude. Und die muss nicht auf den nächsten Urlaub sein.
Lockerer und mit Kinderaugen und großem Herzen will ich weiter auf meine Reise durchs Leben gehen. Das macht Sinn.
„Anstatt dich zu fragen, wann denn dein nächster Urlaub ist, solltest du dir ein Leben schaffen, vor dem du nicht zu entkommen brauchst.“ – Seth Godin
Ich hoffe, das Lesen hat dir Freude bereitet und wünsche viel Spaß beim täglichen Leben: mach eine Reise draus, denn
Nächstes mal nehmen wir unsere Freunde gleich mit. Es ist noch Platz frei 🙂
Und auch zu Hause sind unsere Lieblingsmenschen immer Willkommen.
Falls sich jemand fragt, wo die gar so vielen Zitate herkommen. Es gibt eine Seite mit den 100 besten Reisezitaten. Und meine Fernweh-Pinnwand auf Pinterest. Wem es jetzt noch nicht genug ist… 😉
Was würde ich ohne meine Familie machen, die mich nimmt wie ich bin. Ob lachend, heulend, singend, tanzend oder still. Wir gehen durch dick und dünn. Bis ans Ende der Welt. Zusammen.
Und ich mit mir, ob dick, ob dünn. So wie ich bin. Ist nicht so slim.
Viel Spaß beim Entdecken der Welt und einer neuen Sicht auf sich wünscht Familie Reif
P.S. Ich freue mich immer über Kommentare, Anregungen und eure Erfahrungen 🙂